CANNERO - DIE BURGEN VON CANNERO (Lago Maggiore)

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GESCHICHTE DER BURGEN VON CANNERO

Die Geschichte der Burgen von Cannero durch die Zeichnungen von FORTUNATO TAMI (1875-1942)



Übersetzung: LUCIANA SIMOLI - Venezia


Eine sehr interessante Geschichte haben die Ruinen, die aus dem Gewässer des Lago Maggiore vor der Ortschaft Cannero, am Rande des Gebietes der Gemeinde und der Pfarrei von Cannobio auftauchen. Eine Blutgeschichte, voll von unglaublichen Grausamkeiten, Massenmördern, Plünderungen und barbarischen Taten.
Die Bibliographie ist an diesen Ereignissen reich und jedermann kann Geschmack daran finden, sich einzulesen.
Anfangs des XV. Jahrhunderts. In Mailand ist der Herzog Gian Galeazzo Visconti seit kurzem gestorben, unter seinem Nachfolger brechen die Faktionen aus und Unruhen und Verbrechen aller Art verbreiten sich.
In unserer Zone kämpften zwei Familien gegeneinander, die Familie Rusconi auf der Seite der Gibellinen und die Familie Vitani auf der Seite der Welfen. Beide hatten ihren Sitz in Como aber vollbrachten ihre Taten innerhalb eines weiteren Wirkungsbereichs, der sich bis an den Lago Maggiore erstreckte. In Cannobio folgten der welfischen Faktion, das heißt den Vitani, die Familien Mantelli, Cervetti, Zacchei und einige andere Familien und fast die ganze Villa Cingano, die damals zahlreich bewohnt war.

Die Mazzarditi. Unter der Gewaltherrschaft der in den Burgen von Cannero fest angesiedelten Mazzarditi, kam es öfter zu Entführungen von Jungfrauen und jungen Bräuten und zur Ermordung von denjenigen, die sich der Gewalt widersetzten. So entführten die Mazzarditi im Jahre 1408 auch die Braut des Bürgermeisters von Cannobio, Giacomo Pozzi, eines angesehenen Rechtsgelehrten aus Vigevano.

Auf der Seite der Gibellinen waren die Familien Mazzironi, Poscolonna, Dal Sasso Carmine und fast alle sonstigen Familien von Cannobio und von der Pfarrei.
Gerade in dieser Zeit wohnten in Cannobio fünf Brüder der Familie Mazzardi, nämlich Giovanolo, Beltramino, Simonello, Petrolo, der so genannte Sinasso, und Antonio, mit dem Beinamen "il Carmagnola". Diese Brüder waren Söhne von Lanfranco Mazzardi, Metzger in Ronco di Cannobio.
Die schändlichen Missetaten der fünf Brüder begannen gegen 1402 oder 1403. Nachdem sie sich mit Gewalt  Cannobios bemächtigt hatten und da sie über keine Burg verfügten, ließen sie den soliden  hohen Turm mit dem nahe liegenden "Palazzo della Ragione" nach dem Modell einer Festung umbauen. Danach fingen sie an, die Welfen des Ortes und der Pfarrei mit allen Mitteln zu verfolgen, indem sie ihre Häuser plünderten, zerstörten, verbrannten, ihre Reben abschnitten und viele Angehörige der welfischen Faktion umbrachten. Außerdem wurden viele von ihnen i den Turm gesperrt und allerlei Torturen und Gewaltakten ausgesetzt.

Die Mazzarditi übten ihre Gewalt auch in den übrigen Ufergebieten des Verbano aus, wo sie die Guelfen, die in dieser Gegend “Vitani”genannt wurden, verfolgten, sie gefangen setzten, folterten und auf verschiedene Weisen umbrachten. Die gebundenen und geknebelten Opfer wurden häufig vom Wachturm der Burg hinuntergestürzt. Dieses Schauspiel diente den Mazzarditi zur Belustigung und die Opfer fanden unter Verspottungen und Hohngelächter den Tod. Das geschah zur Zeit ihrer höchsten Macht, in den Jahren 1406 -1414.

Wenn sie sich eines schönen Hauses oder Grundbesitzes bemächtigen wollten, spielten sie den Eigentümern Kaufinteresse vor und bezahlten ihnen die verlangte Summe. Aber, nachdem sie den Vertrag abgeschlossen und  vor dem Notar unterschrieben hatten, ließen sie den Verkäufer von ihren Kumpanen gefangen nehmen, und raubten ihm die kurz vorher bezahlte Summe. Für den Fall dass sie auf Widerstand treffen sollten, sperrten sie den Unglücklichen ein und ermordeten ihn. Häufig vergewaltigten sie die Frauen, sowohl die ledigen als auch die verheirateten, insbesondere wenn sie zu einer Familie der welfischen Faktion gehörten. Sie trieben es so weit, dass sie die Frau des Bürgermeisters von Cannobio, eines gewissen Giacomo Pozzi, Rechtsgelehrten aus Vigevano, entführten, sie nach S. Agata schleppten, wo sie vergewaltigt und ins Gefängnis geworfen wurde.
Die Brüder Mazzarditi begannen dann auch andere Ortschaften des Lago Maggiore zu tyrannisieren und zu berauben und brachten nach Cannobio zahlreiche Gefangene, sperrten sie in den Turm von San Vittore ein, setzten sie grausamen Qualen aus und am Schluss ermordeten sie diese mit einem Knüppelschlag auf dem Kopf oder vierteilten sie noch lebendig oder stachen sie mit Hilfe von Häschern ab oder hängten sie an die Bäume am Rande der Strassen, damit die Passanten die Leichen sehen konnten, die im Wind schwankten. Viele Gefangene wurden im See ertränkt, andere von der Brücke der Agostana in den Fluss geworfen – wo sich heute die Brücke vom "Orrido di S. Anna" befindet. Andere wurden auch in den See von dem Sasso di Carmine gestoßen.
Einmal brachten sie zehn von den Gefangenen um, fast alle aus Ascona und aus den nahe liegenden Ländereien, sie banden sie zusammen mit einem großen Seil und schleppten sie, alle zusammen, durch die Strassen der Ortschaft bis an das Seeufer und ließen sie mit einem großen Stein am Hals in das Gewässer werfen. Dank der göttlichen Vorsehung wurden die Leichen dieser Unglücklichen später am Strand von Germignaga  gefunden und in geweihter Stätte begraben.

Die Mazzarditi. Vielerlei Qualen, Folter und unerhörte Grausamkeit fügten die Mazzarditi den in ihre Hände gefallenen Feinden zu. Nachdem sie den Gibellinen Martino Mazzirono, einen reichen und mächtigen Bürger der Ortschaft, eine lange und qualvolle Gefangenschaft hatten erleiden lassen, wohnten sie im Jahr 1408 mit verächtlicher Haltung seiner Hinrichtung bei.

Um Cannobio und die nahe Bevölkerung besser zu beherrschen und zu tyrannisieren, ließen sie eine Burg auf einem Felsblock errichten, der aus dem See gegenüber dem Ufer von Cannero auftauchte. Sie wurde Burg der Malpaga genannt und Antonio „ il Carmagnola“ war hier ansässig. Die Burg wurde von den Einwohnern der Gegend erbaut, die ohne jegliches Entgelt arbeiten mussten. Die Bausteine wurden aus den von den Marrarditi niedergerissenen Häusern der nahen Dörfer geholt.
All diejenigen, die am Ort vorbeikamen, waren gezwungen, sehr teure Zölle zu entrichten oder den Widerstand mit dem Leben zu bezahlen. Sie dehnten ihre Raubüberfälle bis auf die Gebiete von Angera und Arona aus, und die gesamte Bevölkerung des Verbano wurde von unbeschreiblichem Entsetzen gepackt. Zu Hunderten zählte man die Opfer dieser Verbrecher und jede Familie war in Trauer.
Im Jahr 1412 schickte der Herzog Filippo Maria Visconti gegen die Brüder ein Heer von ungefähr 500 Mann unter der Führung von Giacomo Lunati, Hauptmann und mailändischem Adligen. Nach langer Belagerung kapitulierten die Burgherren von Malpaga,  unter der Bedingung, dass sie mit dem Leben davon kämen und ihre Güter behalten könnten. Die Übergabe fand im März 1414 statt.
Im Jahr 1459 begann ein Prozess durch Pietro und Giovanni Mantelli gegen Giovanni Pietro und Giovanni Matteo Mazzardi, Söhne von einem der fünf Brüder Mazzarditi, die der Familien der welfischen Faktion in Cannobio soviel Unheil gebracht hatten.

Die Mazzarditi. Zu den verschiedenen Foltermethoden, die die Mazzarditi den in ihre Hände gefallenen Opfern aussetzten, zählte zum Beispiel das Erhängen an Stangen, die am oberen Teil des Wachturms befestigt waren. Dadurch wollten sie die Bevölkerung der Seeufer terrorisieren und ein Zeichen ihrer Macht setzen. Im Jahr 1409 wurde diese Foltermethode auch den Brüdern Mantelli, die zu einer vermögenden und einflussreichen Familie von Cannobio gehörten, zuteil und ihre Leichen blieben sechs Tage lang hängen.

Im Oktober 1519 wurde die Errichtung einer neuen Burg auf den Ruinen der Malpaga, auf Wunsch des Grafen Lodovico Borromeo, des Herren von Cannobio begonnen. Die Burg wurde im Jahre 1521 fertig gestellt und  nach dem ersten Namen des adligen Geschlechtes des Grafen "Vitaliana" benannt.
Hier sind die Verse und die lateinischen Worte, die man auf einer Marmortafel lesen konnte, die in der östlichen Seite der Burg eingemauert war:
Ingredere et specta, mi hospes, tecumque revolve,
quae sit in adversis virtus, quaecumque rigenti
iuncta vides saxo, factum laudante fideli
Helvetio, mediis fortunae in fluctibus egit
Vitalianorum Ludovicus vera propago.
Anno sal. MDXXI
Solent non ignavi homines apta suis studiis loca dilignter esquirre; hunc idei sibi Luduvicus Borromeus elegit, ut fortunae tela vitaret. Facta sunt fundamenta 1519, VI Octobris ante diem divae Justinae Vitalianae ob memoriam antiquae originis.

Eine zweite Inschrift finden wir in der westlichen Seite auf einer Marmortafel, die von Leandri und  Morigia auch zitiert wird. Hier ist der Text:
Vitaliana vocor Verbani turris in undis
Edita, primaevae nomina stirpis habens.
Me Luduvicus sic Borromaeus in altum
Extulit, ut pateat Vitalianus Honos:
Simque locus fidis semper patefactus amicis;
Hostibus at nostris sim moribunda lues.

Diesen Versen, deren Bedeutung auch  den Laien in Latein verständlich ist, folgen  diese Worte:
Si duplicis cognominis causam forte requiris, lector,
Scito illustrem Borromaeorum Comitum prosapiam
A Vitaliano Matavino olim Italiae Rege et Divae
Justinae genitore suam traxisse originem.
Vale et quod Domino turris auguralis id tibi veniat.

Die Mazzarditi. Die Bräute und  Jungfrauen, die die Mazzarditi entführt hatten, konnten nur zwischen Vergewaltigung oder sofortigem Tod wählen. Unter denjenigen, die den Tod der Gewalt vorgezogen hatten, war eine schöne und tugendhafte Jungfrau, eine Angehörige der reichen Familie Mazzirono, die, nach einem hartnäckigen Widerstand, bei dem sie sich hinter den Möbeln des Saales versteckte, im Jahre 1409 vom Mazzarditischen Giovanolo ermordet wurde.

Im Jahre 1523 wurde die Ruhe der neuen Burg vom Donnern der Waffen gestört. In der Tat wurde sie vom tapferen  Hauptmann und Herzogsgouverneur des Lago Maggiore Anchise Visconte im Auftrag vom Herzog Francesco II. Sforza belagert. Diese Maßnahme gründete auf der Tatsache, dass der Graf Lodovico Borromeo vom Staat Mailand verstoßen worden war, weil er für einen Rebellen und Anhänger des Königs Frankreichs François I.gehalten wurde, der in dieser Zeit mit dem Sforza im Krieg stand. Es sollte aufgemerkt werden, dass der Borromeo nicht der einzige Herr war, der in dieser Zeit für den König von Frankreich Partei genommen hat.
Die Belagerung dauerte bis 1524 aber verlief für den Hauptmann Anchise Visconte erfolglos.
In der Tat unterstützten die Schweizer, Freunde des Grafen Borromeo und des Königs François I. von Frankreich, die Belagerten mit Nahrungsmitteln und Waffen, indem sie, unter dem Schutz der Dunkelheit, den starken Wind ausnutzten, der die mit dem See und seinen Stürmen wenig vertrauten Belagerer daran hinderte, die Hilfeleistung der Schweizer zu unterbinden.
Aber nicht nur die Freunde der nahen Schweiz leisteten dem Grafen Borromeo Vorschub. Auch die Einwohner von Cannero ließen mehrmals den Belagerten ihre Hilfe zukommen.

Die Mazzarditi. Die Geschichten über die Grausamkeit der Mazzarditi wurden auch in anderen Gebieten bekannt. Als Antwort auf den Schmerzensschrei des nach Rache und Freiheit verlangenden Verbano schickte der Herzog Filippo Maria Visconti aus Mailand Giovanni 500 Soldaten unter Führung von Giovanni Lonati und nach massiver Belagerung der Burgen gelang es ihnen, die Mazzarditi und ihre Mittäter im Jahr 1414 gefangen zu nehmen. Ein Erlass des Mailänder Herzogs vom 16. Juli 1429 soll beweisen, dass den Mazzarditi das Leben geschenkt wurde, aber jedoch sind sich die Historiker über ihr Schicksal nicht einig.

Die Historiker der Zeit erzählen, dass Anchise Visconte, vor der  Aufhebung der Belagerung der schwer bewaffneten Burg, fast das ganze Gebiet von Cannero in Brand gesetzt hat, als Rappresalie gegen die Bevölkerung, denn sie hatte es gewagt, seinem Feind Hilfe zu leisten. 
Die Burg hatten die Grafen Borromeo am Morgen des 10. Januar 1522 verlassen, um sich nach Cannobio zu begeben, wo sie das große Wunder betrachten und verehren wollten, das sich zwei Tage vorher in der Kneipe von Tommaso Zacchei ereignet hatte. Die Grafen selbst waren Zuschauer bei einer der vielen wunderlichen Erscheinungen gewesen, die sich tagelang in dem bescheidenen kleinen Saal der Kneipe wiederholt hatten.
Und jetzt sehen wir von diesen Burgen nur noch die Trümmer oder wenig mehr.
In der Tat sind diese Bauten dem Gang der Zeit und der Elemente schon seit zu vielen Jahren preisgegeben worden. Es ist wirklich schade, dass diese Felsen, die in einer der stimmungsvollsten Landschaften unseres wunderschönen Italiens aus dem durchsichtigen Gewässer des Verbano  auftauchen, - verlassen, still und wenig attraktiv dahindämmern.
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(A. Zammaretti - Aus dem "Bollettino Storico per la Provincia di Novara" - Jahr LII n. 1, 1961)








4 commenti:

Anonimo ha detto...

Diese Geschichte ist wirklich sehr interessant und war mir nicht bekannt. Ich bin gespannt wenn die Burg fertig renoviert ist und man sie per Boot besichtigen kann. Tanti saluti, Patricia

Anonimo ha detto...

Mille Grazie per questa storia e gli informazioni dei castelli. Oggi siamo camminati da Cannero riviera a Oggiogno poi Donego poi Cassino e tornati a Cannero. Gia alla salita abbiamo incontrato un Italiano 84enne chi ci a raccommandato di visitare il torchio a Oggiogno. Scendendo a Cassino abbiamo incontrato due Italiani amichevolissimi che ci hanno dato un regalo amabile cio'e La Fata del Lago abita i castelli. Per noi c'e un regalo grandissimo non solamente di avere le fame e le storie del paese ma anche di incontrare e di potere parlare con gli.
TANTE grazie Birgit, suo marito e la suocera

Anonimo ha detto...

Eine sehr gewalttätige Geschichte. Obwohl wir schon seit zwanzig Jahren nach Cannero kommen, haben wir noch nie etwas von dieser Geschichte gehört. Anke und Heinz. Danke und Gruß an Gufo di Cassino. 17.04.2024

Anonimo ha detto...

Eine interessante Geschichte, gut erzählt. 👍 Peter